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Moselfränkisch diesseits und jenseits der Grenze


Das vorliegende Projekt setzt sich zum Ziel, die Unterschiede zwischen dem Lëtzebuergeschen, das sprachhistorisch als ein westmoselfränkischer Dialekt betrachtet wird, und dem Moselfränkischen auf der bundesdeutschen Seite im Bereich der Phraseologie zu ermittelt. Dabei wird einerseits die Antwort auf eine in der Dialektologieforschung bereits oft gestellte Frage darüber gesucht, ob die Staatsgrenzen sich auch zu Sprach- bzw. Dialektgrenzen entwickeln. Angesichts der unterschiedlichen sprachhistorischen und soziolinguistischen Entwicklungen des Lëtzebuergeschen und Moselfränkischen in Deutschland eignet sich dieser Raum besonders gut für die Untersuchung der grenzübergreifenden sowie der regionalspezifischen Phänomene. Das Novum des Projekts besteht darin, dass dieser Frage anhand der Phraseologie (im engen Sinn) nachgegangen wird – einer sprachlichen Ebene, die bis jetzt kaum seitens der Dialektologie berücksichtigt wurde.

Im Laufe der ersten bereits abgeschlossenen Erhebungsrunde, an der das Forschungsreferat der Universität Trier maßgeblich beteiligt war, wurden die ersten Stichproben durchgeführt, die sich den Unterschieden in der Bekanntheit und Verwendung, Semantik und Pragmatik, Bildlichkeit, morphosyntaktischer Festigkeit und Variation sowie den Unterschieden im Grad des standardsprachlichen (deutschen und französischen) Einflusses widmeten.

Insgesamt hat die Erhebung gezeigt, dass nur sieben von 40 abgefragten Idiomen auf den beiden Seiten der Staatsgrenze in der gleichen lexikalischen Besetzung gleich bekannt und geläufig waren. Bei der Mehrheit der Phraseologismen waren Unterschiede im Grad der Bekanntheit festzustellen: Im Lëtzebuergeschen bleiben die altertümlichen Belege erhalten, die im Moselfränkischen auf der bundesdeutschen Seite unter dem Einfluss der Standardsprache eher in Vergessenheit geraten (en Napp op een hunn, hien huet eng an der Hatt, Holz op een tässelen). Laut Aussagen der Befragten, erweisen sich diese Belege für sie zwar als verständlich, aber in ihrem Dialekt als kaum geläufig. An ihre Stelle treten semantisch ähnliche Phraseologismen, die im Vergleich zum Lëtzebuergeschen morphosyntaktisch anders besetzt sind (einen auf dem Kicker haben/ den Muk op een hon; eine im Ohr haben, Holz op een leeen) .

Die ersten Ergebnisse lassen die Vermutung zu, dass die Staatsgrenze zwischen Luxemburg und Deutschland das Westmoselfränkische in zwei weitere Gebiete teilt. Sie entwickelt sich allerdings nur teilweise zu einer Verständnishürde und verursacht vielmehr die Unterschiede im Gebrauch und der Distribution der Phraseologismen.

Zur Verständnishürde wird die Staatsgrenze in den Fällen, in denen die luxemburgischen Phraseologismen ihre Metaphorizität aus den Besonderheiten der lokalen Alltagskultur schöpfen. Die älteren Bräuche und Einstellungen sind im Moselfränkischen in Luxemburg in den geläufigen Phraseologismen eher noch greifbar, zum anderen liegen den luxemburgischen Phraseologismen andere Ausgangsdomänen zugrunde (vun der Dommeneksmille sinn, hie muss no Nouspelt geschéckt gi fir hien ëmzebaken, al wéi den Zolwerknapp / den Helperknapp). Ohne Parallelen im Moselfränkischen des Trierer Raums stehen schließlich diejenigen geläufigen Wendungen, die im Luxemburgischen Lehnbildungen aus dem Französischen darstellen (Plomme loossen, e mam Kolli huelen, am Fong geholl, un de Plafong goen, am Kulang landen) . Sie werden in Trier meistens durch standarddeutsche Entsprechungen ersetzt.

Die ersten vorläufigen Ergebnisse sollen in der zweiten Erhebungsrunde durch gezielte Befragungen an unterschiedlichen Orten geprüft und konkretisiert werden. Alle Interessierten können hier einen online-Fragebogen ausfüllen. Er wird dann automatisch an die Auswertungsstelle versandt.

 
-letzte Änderung: 08.11.2009 - 14:06:24-